
Abrechnung
Ernährungsberatung richtig abrechnen
15. November 2021
Ein besonders verbreiteter Kollateralschaden der Corona-Pandemie ist die Gewichtszunahme, einerseits durch Bewegungsmangel, anderseits auch durch veränderte Ernährungsgewohnheiten. Das ist das Ergebnis einer Studie der Technischen Universität München, wonach rund 40 % der Befragten durchschnittlich ca. 5,5 kg zugenommen haben. Für einige Menschen sind die überschüssigen „Corona-Pfunde“ zumindest lästig, für andere Betroffene haben sich bestehende gesundheitliche Probleme noch einmal deutlich verschärft. In jedem Fall können niedergelassene Ärztinnen und Ärzte wirkungsvolle Betreuungsstrategien aus der Ernährungsmedizin anbieten, um ihre Patienten und Patientinnen bei der Gewichtsabnahme zu unterstützen. Wir zeigen Ihnen, welche Abrechnungsmöglichkeiten und Perspektiven es gibt.
Ernährungsmedizin
Als Ernährungsmediziner spezialisierte Haus- und Fachärztinnen/-ärzte können Ernährungstherapien/-beratungen anbieten und abrechnen. Um Zusatzbezeichnung die „Ernährungsmedizin“ zu führen, müssen Ärzte/Ärztinnen einen 100-stündigen Kurs absolvieren und 120 Stunden an Fallseminaren unter Supervision teilnehmen. Die Fortbildungskurse müssen von der jeweiligen Landesärztekammer anerkannt sein.
Die (präventive) Ernährungsberatung/-therapie gehört grundsätzlich nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung, kann für gesetzlich Versicherte aber als Präventionsleistung empfohlen und in bestimmten Fällen auch verordnet werden. Die Kosten der Ernährungsberatung/-therapie werden dann von den Krankenkassen ggf. vollständig oder jedenfalls anteilig übernommen.
Qualifikation und Anbieter
Die gesetzlichen Krankenkassen beteiligten sich nur an den Kosten von Ernährungsberatungen/-therapien, wenn eine anerkannte Qualifikation beim Anbieter vorliegt. Neben spezialisierten Ernährungsmedizinern können dies auch staatlich anerkannte Diätassistenten oder zertifizierte Oecotrophologen (o.ä.) sein. Weitere Details finden Sie auf der Service-Seite der KBV.
Win-Win-Effekt: die GKV-Versicherten profitieren von einer kostenfreien oder zumindest erschwinglichen Zusatzleistung und die Praxen mit ernährungsmedizinischer Spezialisierung können die Ernährungsberatung/-therapie selbst anbieten und als Selbstzahlerleistung abrechnen (s.u.).
Ernährungsberatung
Die Ernährungsberatung richtet sich im Bereich der Primärprävention vor allem an Gesunde mit einem definierten Risikoprofil, bspw. Schwangerschaft, fortgeschrittenes Lebensalter, Schichtarbeit, Leistungssport. Die Praxen bescheinigen die Empfehlung einer Ernährungsberatung auf dem Muster 36, welches die Patienten/Patientinnen dann bei den Krankenkassen einreichen. Es handelt sich bei diesem „Rezept“ also nicht um eine ärztliche Verordnung im Sinne einer veranlassten Leistung, sondern lediglich um eine Empfehlung, mit der der Leistungsanspruch der Patientinnen/Patientinnen gegenüber den Krankenkassen gestärkt wird. Die Höhe des Zuschusses legt die jeweilige Krankenkasse fest. Zur Erstattung von Kosten reichen Versicherte nach Ende der Schulung oder Beratung die Rechnung zusammen mit der Teilnahmebescheinigung bei ihrer Krankenkasse ein.
Muster 36
Die primärpräventive Empfehlung auf Muster 36 betrifft alle Teilnahmen an von den Krankenkassen anerkannten Kursangeboten aus den Handlungsfeldern „Bewegungsgewohnheiten“, „Ernährung“, „Stressmanagement“, „Suchtmittelkonsum“ und „Sonstiges“.
Ernährungstherapie
Die Empfehlung bzw. Verordnung von Ernährungstherapien kommt nur für erkrankte Personen im Bereich der Sekundär- oder Tertiärprävention in Frage. Als Ergänzung zur ärztlichen Therapie kann sie bei ernährungsbedingten Diagnosen wie Diabetes mellitus sowie bei krankheitsbedingten Ernährungsproblemen (bspw. bei onkologischen Erkrankungen) formlos empfohlen werden. Bei seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen ist sie Teil der Therapie und damit verordnungsfähig (E84.- Zystische Fibrose (Mukoviszidose), s. Diagnoseliste Langfristiger Heilmittelbedarf/Besonderer Verordnungsbedarf).
Praxis-Tipp
Wenn eine Ernährungsberatung/-therapie empfohlen wird, sollte der Patient/die Patientin bereits einen Kostenvorschlag für die geplanten Leistungen erhalten, um die Kostenübernahme der Krankenkasse schon vor Behandlungsbeginn abzustimmen.
DMP
Aktuell gehören zum DMP Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 auch Patientenschulungen, zu denen auch Fragen der Ernährung gehören. Es handelt sich dabei um extrabudgetär vergütete GKV-Leistungen die regulär quartalsweise abgerechnet werden. Zukünftig wird es ein strukturiertes Behandlungsprogramm DMP Adipositas geben. Damit soll das derzeitige Versorgungsangebot für GKV-Versicherte verbessert werden, was u.a. auch Ernährungsschulungen miteinschließen wird. Die detaillierten Anforderungen an das DMP Adipositas wird der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31.07.2023 beschließen.
Privatabrechnung nach der GOÄ
Ärztliche Leistungen aus dem Bereich der Ernährungsberatung werden für GKV-Versicherte als Selbstzahlerleistungen (= IGeL) und Privatversicherte gleichermaßen nach den Regeln der GOÄ in Rechnung gestellt. Der einzige Unterschied ergibt sich hier insofern, dass mit GKV-Versicherten vor Behandlungsbeginn eine schriftliche Vereinbarung über die Wunschleistung und die voraussichtlichen Kosten getroffen werden muss (diese können die GKV-Versicherten auch zur Klärung der Kostenübernahme mit ihrer Krankenversicherung nutzen, s.o.).
Nachfolgende Leistungen bzw. GOÄ-Ziffern kommen im Rahmen einer Ernährungsberatung/-therapie grundsätzlich in Frage. Bitte berücksichtigen Sie stets, dass der korrekte Ansatz, mögliche Leistungsausschlüsse und die angemessene Faktorisierung der Ziffern vom Einzelfall abhängig sind.
Folgetermine
Eine ausschließliche mechanische Messung des subkutanen Fettgewebes entspricht nicht der BIA, sondern einer symptombezogenen Untersuchung nach Ziff. 5 GOÄ

Meike Schmucker
LL.M. Medizinrecht
Consultant Arztmarkt, Redakteurin
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