Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen per Videosprechstunde
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Auch wenn der unmittelbare, d.h. persönliche, Kontakt zum Patienten weiterhin der „Goldstandard“ der ärztlichen Beratung und Behandlung bleibt, kann nun ein weiterer wesentlicher Bedarf von Ärzten und Patienten in der Videosprechstunde abgedeckt werden: seit dem 7. Oktober ist die Krankschreibung per Videosprechstunde möglich.
Mit der Anpassung der AU-Richtlinie wurden klare Voraussetzungen geschaffen, um Patienten in der Videosprechstunde krankschreiben zu können. Diese Vorgaben gelten jedenfalls unmittelbar für Vertragsärzte und die gesetzlich versicherten Patienten. Privatärzte gehören zwar nicht zum Adressatenkreis der AU-Richtlinie, da diese nur für das gesetzliche Krankenversicherungssystem gilt. Es spricht jedoch nichts dagegen, dass sich Privatärzte „analog“ an den Vorgaben für die vertragsärztlichen Kollegen orientieren, da es für den privatärztlichen Bereich derzeit noch keine einschlägigen Regelungen gibt.
- Hinweis
Die BÄK beurteilt die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und Ausstellung einer AU per Videosprechstunde als „berufsrechtlich vorstellbar“ und weist darauf hin, dass die gesetzlichen und vertragsarztrechtlichen Regelungen einzuhalten sind.
Technische Anforderungen
Die wesentlichen Bedingungen für eine Krankschreibung in der Videosprechstunde sind, dass es sich um einen bekannten Patienten handelt und die Erkrankung die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zulässt. Dies für einen maximalen Zeitraum von sieben Kalendertagen.
Voraussetzungen
Erkrankungen, bei denen eine Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit per Videosprechstunde in Betracht kommt, sind beispielsweise:
- Erkältung
- Menstruationsbeschwerden
- Blasenentzündung
- Magen-Darm-Infekt
- Migräne
- Schübe, z.B. bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
- Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen, z.B. bei Verlust von nahestehenden Angehörigen
In folgenden Fällen, darf eine AU per Videosprechstunde ausdrücklich nicht ausgestellt werden:
- Es handelt sich um einen unbekannten Patienten
- Die AU-Feststellung erfolgt ohne mittelbar-persönlichen Kontakt, z.B. ausschließlich auf Basis eines Online-Fragebogens, einer Chat-Befragung oder eines Telefonats.
Eine Rückdatierung des Arbeitsunfähigkeitsbeginns auf einen Kalendertag vor Inanspruchnahme der Videosprechstunde ist nur ausnahmsweise, nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu drei Tagen zulässig.
- Hinweis
Ihre Patienten haben generell keinen Anspruch auf eine Krankschreibung, dies gilt auch in der Videosprechstunde. Es obliegt Ihrer ärztlichen Entscheidung, ob im Einzelfall eine AU-Feststellung (per Videokonferenz) in Frage kommt. Eine besonders sorgfältige Abwägung ist aufgrund des hohen Beweiswertes von AU ratsam, da im Krankheitsfall ein Anspruch des Patienten auf Entgeltfortzahlungen bzw. Krankengeld besteht. Im Zweifelsfall muss der Patient auf die Behandlung im persönlichen Kontakt – mit entsprechenden Untersuchungsmöglichkeiten – verwiesen werden.
Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit
Die Feststellung einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit („Folge-AU“) in der Videosprechstunde ist nur dann möglich, wenn die Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung ursprünglich im Rahmen einer persönlichen Untersuchung in der Praxis festgestellt worden ist. Ist die Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit allerdings per Videosprechstunde erfolgt, muss der Patient für eine Folge-AU wegen derselben Erkrankung zur persönlichen Untersuchung in die Praxis kommen.
Ausstellung der Bescheinigungen
Wird die Arbeitsunfähigkeit eines Patienten in der Videosprechstunde festgestellt, muss die Bescheinigung für den Arbeitgeber per Post an den Patienten versendet werden (Vertragsärzte können dies über die neuen Kostenpauschalen GOP 40128 (0,81 €) für die AU-Bescheinigung nach Muster 1 bzw. die GOP 40129 (0,81 €) für die Bescheinigung nach Muster 21 abrechen; Privatärzte berechnen Porto- und Versandkosten als Auslagenersatz, § 10 Abs. 3 GOÄ). Ab dem 1. Januar 2021 wird die bisherige Ausfertigung der AU für die Gesetzlichen Krankenkassen digitalisiert und zukünftig direkt von den Vertragsärzten mit dem Kommunikationsdienst KIM an die Gesetzlichen Krankenkassen elektronisch übermittelt.
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