
Politik und Recht
Bundestag und Bundesrat beschließen GKV-Finanzstabilisierungsgesetz
Der Deutsche Bundestag hat am 20. Oktober 2022 das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz mit seinem umfassenden Reformpaket beschlossen. Ziel ist es, die GKV-Finanzen zu stabilisieren und das erwartete Defizit von 17 Milliarden Euro aufzufangen.
28. Oktober 2022
Auswirkungen für Versicherte
Die Versicherten müssen im kommenden Jahr mit steigenden Zusatzbeiträgen rechnen: Auf Grundlage der Ergebnisse des sogenannten Schätzerkreises wird das Bundesgesundheitsministerium im kommenden Monat den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz festlegen. Erwartet wird eine Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags im Jahr 2023 um 0,3 Punkte – von aktuell 1,3 auf 1,6 Prozentpunkte in 2023. Die genaue Höhe des Zusatzbeitrags legen allerdings die Krankenkassen selbst fest und können somit vom Schnitt abweichen.
Weitere Kernpunkte:
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Neupatientenregel: Die extrabudgetäre Vergütung von vertragsärztlichen Leistungen der Neupatienten für Vertragsärzt:innen wird abgeschafft. Dafür werden Vergütungsanreize für eine schnellere Vergabe ärztlicher Behandlungstermine eingeführt, z.B. wenn Fachärzt:innen Termine nach Überweisungen von Hausärzt:innen oder Terminservicestellen vergeben.
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Zahnarzthonorare: Das Gesetz enthält eine Begrenzung des Honorarzuwachses für Zahnärzt:innen. In der zahnärztlichen Versorgung dürfen die Punktewerte und Gesamtvergütungen maximal um die 0,75 Prozent in 2023 und 1,5 Prozent in 2024 geminderte Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einkommen steigen.
Die im GKV-FinStG vorgesehenen Budgetierungsregelungen würden dazu führen, dass aus den gedeckelten Gesamtvergütungen zusätzlich auch die neu in die vertragszahnärztliche Versorgung aufgenommenen PAR-Leistungen finanziert werden müssen. Über die Auswirkungen und damit verbundenen Fragen haben wir einen Videobeitrag veröffentlicht, der Antworten liefert.
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Pflegebudgets: Im Krankenhausbereich wird die Doppelfinanzierung von Pflegekosten ausgeschlossen. So sollen ab 2024 nur noch die Pflegepersonalkosten qualifizierter Pflegekräfte, die in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen eingesetzt sind, im Pflegebudget berücksichtigt werden können.
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Finanzreserven: Vorhandene Finanzreserven der Krankenkassen werden mit einem kassenübergreifenden Solidarausgleich zur Stabilisierung der Beitragssätze herangezogen. Zudem wird die Obergrenze für die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds halbiert und übersteigende Mittel können für höhere Zuweisungen an die Krankenkassen genutzt werden, um die Finanzierungslücke weiter zu schließen.
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Bundeszuschuss: Der bestehende Bundeszuschuss zur GKV wird von 14,5 Mrd. Euro für 2023 um 2 Mrd. Euro erhöht. Zudem erhält die GKV ein unverzinsliches Darlehen für 2023 von 1 Mrd. Euro an den Gesundheitsfonds.
Am 28. Oktober 2022 passierte das Gesetz auch den Bundesrat. Dieser hatte sich zuvor in einer Stellungnahme u.a. dafür ausgesprochen, dass sich der Bund weitergehend an der GKV-Finanzierung beteilige. Der Bundesrat forderte in einer Stellungnahme zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz einen dynamisierten jährlichen Bundeszuschuss sowie für 2023 einen Zuschuss in Höhe von fünf Milliarden Euro. Dies lehnte die Bundesregierung ab: In der zugehörigen Antwort heißt es, der Bund beteilige sich durch die Gewährung eines weiteren Bundeszuschusses in Höhe von zwei Milliarden Euro sowie eines Darlehens in Höhe von einer Milliarde Euro in erheblichem Maße an der finanziellen Stabilisierung der GKV im Jahr 2023. Das Gesetz wird nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.
Reaktionen verschiedener Stakeholder
Die Maßnahmen zur Kostendämpfung stoßen bei den Stakeholdern des Gesundheitsmarktes auf Widerstand. Negative Auswirkungen auf die Patientenversorgung befürchten die niedergelassenen Mediziner:innen, die seit Wochen gegen das Gesetzesvorhaben protestierten und ergänzend darauf hinweisen, dass die geplanten Einsparungen mit den wirtschaftlichen Herausforderungen durch Energiepreiskrise, Inflation und Personalmangel zusammenfallen. Ein konkretes Beispiel in Bezug auf die Versorgungsqualität liefern die Vertreter:innen des zahnärztlichen Bereichs. Instrumente wie Budgetierung und Deckelung seien nicht zielführend, lauten die Äußerungen u.a. zur PAR-Richtlinie.
Kritik gibt es auch von den Krankenkassen, die schon früh forderten das Gesetz zu stoppen. Sie befürchten, dass die Reform – aufgrund fehlender Nachhaltigkeit der Maßnahmen – nicht zu einer langfristigen Erholung der GKV-Finanzen führen wird.