grüne Pflanzen in Reagenzgläsern

Abrechnung

Gesund, biologisch, klimaneutral, umweltbewusst…

Gesundheitsbewusstsein und ein aktiver Lebensstil gehören zu den Statussymbolen unserer Zeit und sind aus den sozialen Medien nicht wegzudenken. Auch in der Zahnmedizin werden ganzheitliche Behandlungen, Alternativen zur Schulmedizin und umweltbewusste Behandlungswege von immer mehr Patient:innen angefragt.

28. August 2023

Die Anzahl der Praxen steigt, welche sich auf ganzheitliche Zahnmedizin spezialisieren oder ihren Patient:innen alternative Behandlungsmöglichkeiten anbieten.

Ganzheitliche Sprechstunden schaffen im Praxisalltag Raum für die intensive Auseinandersetzung mit der gesundheitlichen Vorgeschichte, beeinflussende Faktoren und dem Lebensstil der Patient:innen.  

An jedem Zahn hängt ein ganzer Mensch

Als klassisches Beispiel für ganzheitliche Zahnmedizin betrachten wir die Amalgamausleitung, bei welcher auch intakte Amalgamfüllungen unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen entfernt und mit biokompatibleren Alternativen neu restauriert werden. Das umstrittene Füllungsmaterial Amalgam findet in vielen Praxen Deutschlands keine Anwendung mehr. Die Entfernung der noch vorhandenen Füllungen wünschen sich Patient:innen um einen schädlichen Einfluss des Quecksilberanteils auf ihren Körper zu unterbinden.
  
Die Europäische Kommission hat die EU-Quecksilber-Verordnung überarbeitet und sieht vor, dass ab dem 01.01.2025 kein Zahn-Amalgam mehr verwendet werden darf. 

Haben Patient:innen den Wunsch eine vorhandene Amalgamfüllung austauschen zu lassen, muss gebührenrechtlich folgendes beachtet werden:  

  • Ist die Füllung intakt, handelt es sich um eine Verlangensleistung gemäß § 2 Absatz 3 GOZ und muss als Wunschleistung vereinbart und in der Rechnung entsprechend deklariert werden. Über die voraussichtliche Nichterstattung durch private Kostenerstatter ist aufzuklären. Bei gesetzlich versicherten Patient:innen muss vorab die Privatvereinbarung nach § 8 Absatz 7 BMV-Z getroffen werden.

  • Bei einer defekten Amalgamfüllung ist der Austausch eine BEMA-Leistung. Wird einer höherwertige Versorgungsform wie eine Kompositfüllung im Seitenzahnbereich, eine Kompositfüllung in Mehrschichttechnick oder ein Inlay gewählt, muss eine Mehrkostenvereinbarung nach § 28 Absatz 2 SGB V getroffen werden.  

Zusätzlich wird die Amalgamentfernung häufig durch die Behandlung durch Chlorella und/oder Spirulina unterstützt. In diesem Verfahren verbleiben die Algen in Form von Pulver einige Minuten in der präparierten Kavität, um so ein Aufsaugen von Quecksilberresten zur Dekontamination herbeizuführen. Diese selbstständige Leistung ist nicht in der GOZ aufgeführt und nach § 6 Absatz 1 GOZ mit den Patient:innen zu vereinbaren. Bei gesetzlich versicherten Patient:innen muss zusätzlich die Vereinbarung nach § 8 Absatz 7 BMV-Z getroffen werden.  

Die richtige Berechnung biozahnmedizinischer Behandlungsmethoden

Die Behandlungen mit Spirulina, Ozon, Mineralien, sowie die Ernährungsberatung und Speicheldiagnostik haben alle eine große Gemeinsamkeit: Sie werden weder im BEMA noch der GOZ abgebildet und müssen somit analog gemäß § 6 Absatz 1 GOZ berechnet werden.  

Bei einer Analogleistung muss es sich um eine selbstständige zahnärztliche Leistung handeln, welche weder in der GOZ noch in den für Zahnärzt:innen geöffneten Bereichen der GOÄ beschrieben ist.  

Es wird eine nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung herangezogen und für die analoge Berechnung genutzt. Welche Leistung der Zahnarzt hierbei als gleichwertig erachtet, ist dem individuellen Ermessen der Praxis vorbehalten. 

Die Berechnung einer Behandlung mit Spirulina im Rahmen der Amalgamausleitung kann wie folgt aussehen: 

Datum

Regio

Gebührenziffer

Leistungstext

Anzahl

Steigerungssatz

Honorar in €

xx.yy.zzzz

46

2340a

Dekontamination einer Kavität mittels Spirulina entspricht Maßnahmen zur Erhaltung der freiliegenden vitalen Pulpa

1

2,3

25,87

Die hier gewählte Analogleistung beschreibt eine nach Art gleichwertige Behandlungsmaßnahme. Die Wahl der passenden Ausgangsziffer für die Bildung der Analogie muss jedoch immer individuell unter Berücksichtigung des § 6 Absatz 1 der GOZ getroffen werden.  

Testverfahren

Verschiedene Testverfahren ermöglichen eine verbesserte Diagnostik und Therapie. Beispielsweise kann mit dem Lymphozytentransformationstest festgestellt werden, welche Sensibilisierungen auf Allergene bestehen. Dies kann einerseits helfen, eine Aussage darüber zu treffen, ob ggf. bereits verwendete Materialien ausgetauscht werden müssen oder aber welche Materialien unbedenklich angewandt werden können. 

Hierbei erfolgt eine Blutabnahme (GOÄ 250) mit anschließender Untersuchung im Labor. Dort werden aus dem Blut Lymphozyten gewonnen und anschließend mit ausgewählten Allergenen in Verbindung gebracht, um eine Reaktion zu prüfen.  

Die Abrechnung in der Praxis sieht hier die Blutabnahme (GOÄ 250) und die zahnärztliche Beratung in Form der GOÄ 1 oder GOÄ 3 vor. Patient:innen sind zudem über eine zusätzliche Rechnungsstellung durch das Labor nach §10 Absatz 6 GOZ zu informieren. Es handelt sich im Privatleistung, welche bei gesetzlich Versicherten nach § 8 Absatz 7 BMV-Z vereinbart werden muss. 

Kleine Schritte machen den Unterschied

Eine Überarbeitung des Anamnesebogens kann der erste Schritt zu einer ganzheitlich ausgerichteten Behandlung sein. Besteht bei den Patient:innen Interesse an einer ganzheitlich ausgerichteten Behandlung? Mit dieser Frage wird das Interesse an einer Beratung zu den möglichen Behandlungswegen identifiziert. 

Behandler:innen entscheiden über den Umfang ihres biozahnmedizinischen Behandlungsspektrums. Für eine rechtssichere Vereinbarung dieser Leistungen darf vor allem die umfangreiche Aufklärung und der Hinweis auf gegebenenfalls zu erwartende Kostenerstattungsschwierigkeiten nicht vernachlässigt werden.  

Dana Tesch lächelt in die Kamera.
Dieser Artikel ist von

Dana Tesch

Spezialistin für Gebührenrecht Zahnärzte/MKG

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