
Abrechnung
Neuzugang im BEMA: die Unterkieferprotrusionsschiene
22. Februar 2022
Nachdem im Juli 2021 bereits ein frischer Wind in Form der neuen PAR-Richtlinie durch den BEMA wehte, startete das Jahr 2022 mit einem weiteren Neuzugang.
Die Unterkieferprotrusionsschiene (nachfolgend UKPS) kann ab dem 01.01.2022 bei gesetzlich versicherten Patient:innen über den BEMA abgerechnet werden.
Die Leistung nach Nr. UP3 umfasst das Eingliedern einer zweiteiligen, bimaxillär verankerten Unterkieferprotrusionsschiene mit individuell reproduzierbarer Adjustierung sowie der Möglichkeit einer individuellen Nachjustierung mindestens in Millimeterschritten sowie Einstellung des Protrusionsgrads ausgehend von regelhaft mindestens 50 % der maximal möglichen aktiven Unterkieferprotrusion.
Es handelt sich bei der UKPS um eine zweiteilig verankerte, verstellbare Schiene, die während des Schlafens auf den Zähnen getragen wird. Beide Schienen sind durch angebrachte Stege miteinander verbunden; der Unterkiefer wird in seiner Position gehalten oder leicht nach vorn geschoben, wodurch die Muskeln stabil bleiben und die Atemwege offen.
Dabei sind die UKPS-Schienen wie folgt zu unterscheiden:
Welche Voraussetzungen für die Abrechnung erfüllt und was Sie darüber wissen müssen, erfahren Sie komprimiert und praxistauglich in diesem Beitrag.
Das Wichtigste auf einen Blick
Die Neueinführung der UKPS in die kassenzahnärztliche Versorgung bietet Patient:innen, bei denen eine Überdrucktherapie erfolglos war, eine vielversprechende Behandlungsoption ohne eine Privatleistung in Anspruch nehmen zu müssen. Für die zahnärztlichen Praxen bedeutet die Aufnahme der UKPS in das kassenzahnärztliche Versorgungsspektrum vor allem folgende Änderungen:
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Sechs neue Leistungen im BEMA Teil 2 (UP1 – UP6)
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Verstärkte Zusammenarbeit mit den überweisenden Schlafmediziner:innen
Die Behandlungsstrecke
Nachstehend können Sie sich einen Überblick über die Behandlungsabläufe bei der Versorgung mit einer UKPS verschaffen:

Im Gegensatz zu Aufbissbehelfen, Zahnersatz- und PAR-Behandlungen lassen die Regelungen für die UKPS ein Genehmigungsverfahren vermissen. Voraussetzung ist lediglich die Überweisung einer Schlafmediziner:in* an die Zahnärzt:in. Die Indikationsstellung und Therapie erfolgt durch eine Vertragsärzt:in mit entsprechender Qualifikation, welche die behandlungsbedürftige Schlafapnoe diagnostiziert und als ersten Behandlungsschritt eine Überdrucktherapie verordnet. Wenn diese nicht erfolgreich ist, kann die UKPS als zweite Behandlungsmöglichkeit durch eine zahnärztliche Praxis angefertigt werden.
Die Patient:innen mit der entsprechenden Überweisung stellen sich in der zahnärztlichen Praxis vor und nach klinischer Untersuchung erfolgt eine Einschätzung, ob die Versorgung mit einer UKPS möglich ist.
Hinweise:
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Es gibt kein Genehmigungsverfahren.
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Eine Berechnung der BEMA-Nr. 2 im Zusammenhang mit der Planaufstellung für eine UKPS ist nicht gestattet.
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Sollte festgestellt werden, dass aus zahnmedizinischer Sicht die Anfertigung einer UKPS nicht möglich ist, kann die BEMA-Nr. UP1 als einzige Leistung über die KB-Abrechnung abgerechnet werden. Die entsprechende Dokumentation erfolgt in der Patientenkartei.
Mögliche Kontraindikationen für die Therapie mit einer UKPS können sein:
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Eingeschränkte Mundöffnung
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Mangelnde Protrusionsbewegungsmöglichkeit des Unterkiefers
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Kiefergelenksstörungen
Sollten im Rahmen der Therapieplanung Planungsmodelle notwendig sein, können diese mit der BEMA-Nummer 7b abgerechnet werden. Das Abformungsmaterial ist nur als Pauschalbetrag gemäß 3.2.2 Anlage 1 BMV-Z abrechnungsfähig. Dies kann vor allem dann notwendig sein, wenn die alleinige Beurteilung der klinischen Situation nicht ausreicht, um herauszustellen, ob die Therapie mit einer UKPS möglich ist oder welcher Schienentyp am geeignetsten ist.
Sind die Voraussetzungen aus zahnmedizinsicher Sicht erfüllt, erfolgen Abformung und die dreidimensionale Registrierung der Startprotrusionsposition. In den Fällen, bei denen ein konfektionierter Löffel für die Abformung nicht ausreicht, kann für die Verwendung eines individuellen oder individualisierten Löffels gemäß der gerichtsrelevanten Kommentierung von Liebold/ Raff/ Wissing die BEMA-Nr. 98a abgerechnet werden. Eine vorherige Rücksprache mit der KZV ist sinnvoll, da nicht in allen KZV-Bereichen die BEMA-Nr. 98a im Rahmen der Herstellung einer Unterkieferprotrusionsschiene abrechnungsfähig ist.
Nach der individuellen Anfertigung im zahntechnischen Labor wird die UKPS durch den Zahnarzt eingegliedert. Die einzustellende Protrusion wird hierbei durch den überweisenden Vertragsarztvorgegeben, sodass eine enge Abstimmung zwischen Schlaf- und Zahnmedizin erforderlich sein wird. Diese Abstimmungen finden ihre Honorierung in den BEMA-Nummern 181a und 181b.
Die Leistungsziffern UP4, UP5 und UP6 werden für Nachadaptionen, Kontrollen und Wiederherstellungsmaßnahmen in Ansatz gebracht.
*Die Versorgung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene kann nur auf Veranlassung eines Vertragsarztes mit der Zusatzbezeichnung „Schlafmedizin“ oder der Qualifikation nach § 6 Absatz 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband zur Diagnostik und Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V abgerechnet werden.
Die neuen Positionen
Die Überschrift des Teil 2 im BEMA wurde wie folgt angepasst: „Behandlungen von Verletzungen des Gesichtsschädels (Kieferbruch), Kiefergelenkserkrankungen (Aufbissbehelfe) und obstruktiver Schlafapnoe (Unterkieferprotrusionsschiene)“.
Die neuen Leistungen mit den wichtigsten Abrechnungshinweisen entnehmen Sie der nachfolgenden Übersicht:
Die Abrechnung der BEMA-Nummern UP1 bis UP6 erfolgt über die monatliche KB-Abrechnung mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV).
Die neuen zahntechnischen Positionen
Gemäß § 1 Absatz 2 Einleitende Bestimmungen des BEL sind nur die mit UKPS gekennzeichneten Leistungen abrechenbar. Als Material sind die Protrusionssystem-Sets oder bei Einzelbezug Konfektionsfertigteile wie Konstruktions- und Protrusionselemente sowie Sonderkunststoff abrechnungsfähig.
Die neuen Leistungen mit den wichtigsten Abrechnungshinweisen entnehmen Sie der nachfolgenden Übersicht: