
Abrechnung
Die neue Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte (GOT)
Ein Überblick über die wichtigsten Änderungen
17. Oktober 2022
Nachdem die letzte umfassende Novellierung der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) im Jahre 1999 erfolgte und seitdem nur wenige Anpassungen an den veterinärmedizinischen Erkenntnisstand vorgenommen wurden, wurde diese nun grundlegend überarbeitet. Hintergrund war ein Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft („Prüfung der finanziellen und strukturellen Auswirkungen hinsichtlich der Angemessenheit der Gebührensätze der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT)“), dem ein Vorschlag der Bundestierärztekammer zum Leistungskatalog zu Grunde lag.
Nach der Zustimmung des Bundesrates wurde die Neufassung der GOT im Bundesgesetzblatt verkündet und wird zum 22. November 2022 in Kraft treten. Neben einer deutlichen Erhöhung der Gebühren für die einzelnen Leistungen sieht die neue GOT auch einige Änderungen vor, die bei der Behandlung und Rechnungslegung zu beachten sind.
Erarbeitung der neuen GOT
Die Anpassung umfasst die vollständige Überarbeitung einschließlich der Neustrukturierung der tierärztlichen Leistungen und Neubestimmung der einfachen Gebührensätze.
Zum Ablauf der Neubewertung und Ermittlung entsprechend angepasster Gebühren heißt es in der Gesetzesbegründung:
„Um dieses Ziel zu erreichen, wurden die Kostenfaktoren und die strukturellen Rahmenbedingungen für den Betrieb einer Tierarztpraxis untersucht. Bestandteil dieser Untersuchung war eine deutschlandweit angelegte Befragung von praktischen Tierärztinnen und Tierärzten. Diese sollte die zuvor durchgeführte Datenanalyse sinnvoll ergänzen. In der Befragung sind wichtige Informationen für die Neubewertung der Gebührensätze abgefragt worden. Im Wesentlichen hat es sich hierbei um Informationen zur (Kosten)-Struktur der Praxen und zu den benötigten Behandlungszeiten für die einzelnen Leistungen gehandelt. Ergänzend sind zusätzlich 25 Experteninterviews mit Vertretern unterschiedlicher Interessengruppen, die u. a. die von den neuen Gebühren betroffenen Kreise vertreten, erfolgreich durchgeführt geworden.
Aus allen gewonnen Informationen sind die Kosten für eine tierärztliche Behandlungsminute ermittelt worden. Diese liegen im Durchschnitt bei 2,25 Euro. Mit diesem Wert und der erhobenen Zeit für die einzelnen Leistungen sind die jeweiligen Gebührenhöhen bestimmt worden. Leistungen, für die keine Zeiterhebungen vorlagen, wurden pauschal um die ermittelten Kostensteigerungen angepasst. Einige Leistungen sind in der Abstimmung mit Experten bewertet worden, sodass auch Sonderfälle individuell betrachtet worden sind.“
Zu berücksichtigen ist, dass der ermittelte Wert die aktuelle Kostenstruktur einer Tierarztpraxis im Jahr 2021 berücksichtigt. Die aktuell erhöhten Energiekosten und die Inflation sind demnach nicht in die Bewertung eingeflossen.
Geltungsbereich, § 1 GOT
Ausdrücklich neu festgelegt wurde unter anderem in § 1 Abs. 1 S. 2 GOT, dass diese für die beruflichen Leistungen der Tierärztinnen und Tierärzte gilt, auch wenn diese von juristischen Personen erbracht werden. Damit sind also auch Tierarzt-GmbHs zur Abrechnung nach der GOT verpflichtet. Die Regelung dient der Klarstellung, dass die GOT für alle tierärztlichen Leistungen gilt – unabhängig davon, in welchem rechtlichen Rahmen diese erbracht werden
Gebührenhöhe in besonderen Fällen, § 3 GOT
In § 3 wurden der bisherige Satz 2 („Die einfachen Gebührensätze sind auch dann zu berechnen, wenn tierärztliche Leistungen an Tieren erbracht werden, die zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben gehalten werden, und für die Bund, Länder, Gemeinden oder andere öffentlich-rechtliche Kostenträger die Zahlung leisten.“) sowie der bisherige Abs. 2 gestrichen.
Entsprechend können Leistungen an Tieren, die zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben gehalten werden (bspw. Diensthunde der Polizei, Bundeswehr, des Zoll), künftig nach dem üblichen Gebührenrahmen (§ 2 GOT) berechnet werden. Begründet wird dies zum einen damit, dass sich der Bestand der Tiere, die zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben gehalten werden, erheblich verringert habe. Zum anderen beinhalte die alte Vorschrift zur Berechnung nach dem 1-fachen Gebührensatz eine besondere Inanspruchnahme der Tierärztinnen und Tierärzte, für die kein sachlicher Grund erkennbar sei, „insbesondere weshalb sie zu Gunsten der öffentlichen Haushalte auf einen Teil ihres Einkommens verzichten sollten“.1
Ergänzend wird der Anwendungsbereich den neuen Abs. 2 (entspricht dem früheren Abs. 3) auf Fälle erstreckt, in denen tierärztliche Leistungen aufgrund einer allgemeinen öffentlich-rechtlichen Anordnung in Anspruch genommen werden (bspw. im Fall einer tierseuchenrechtlichen Anordnung).
Schließlich wird in Abs. 3 (entspricht mit Änderungen dem bisherigen Abs. 4) klargestellt, welche Tiere als Nutztiere gelten: „landwirtschaftlich genutzte Tiere, die der Erwerbstätigkeit des Halters dienen“. In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls geregelt, dass die 1-fachen Gebührensätze für Leistungen, die auf Verlangen der Tierhalter:innen bei Nacht, am Wochenende oder an einem Feiertag erbracht werden, nunmehr um 75% (statt zuvor 50%) erhöht werden können.
Tierärztlicher Notdienst, § 4 GOT
Die Regelung des § 4 entspricht weitestgehend dem bisherigen § 3a GOT. Gestrichen wurde lediglich der bisherige § 3a Abs. 1 Satz 3, wonach für die instrumentale Samenübertragung bei Einzeltieren eine Ausnahme von den Notdienst-Gebühren bestand. Die Notdienstgebühr darf übrigens in der gleichen Angelegenheit nur einmal erhoben werden, auch wenn mehrere Tiere eines Tierhalters im Rahmen des Notdienstes tierärztlich versorgt werden müssen.
Sonstige abweichende Gebührensätze, § 5 GOT
Eine Überschreitung des 3-fachen bzw. eine Unterschreitung des 1-fachen der Gebührensätze kann weiterhin vor Erbringung der Leistung vereinbart werden. Die neue GOT sieht hierfür nicht mehr zwingend ein „Schriftstück“ vor, sondern lediglich die Textform, also gemäß § 126b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): „eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger“ (Bsp.: Briefe ohne Unterschrift, Kopien vom Original, E-Mails, SMS u.a.).
Der Tierhalter/die Tierhalterin muss eine Kopie der gezeichneten Vereinbarung erhalten; hier ist auch die elektronische Übermittlung (bspw. per E-Mail) möglich.
Gebühren- und Rechnungsbestandteile, Fälligkeit, § 7 GOT
Eine bedeutende Änderung hat die Regelung zur Rechnungslegung (bisher § 6) erfahren. Denn in § 7 Abs. 3 GOT wird nunmehr festgelegt:
„Die Vergütung wird fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine Rechnung erteilt worden ist.“
Künftig ist also die Erteilung einer formell ordnungsgemäßen Rechnung Voraussetzung für die Fälligkeit der Forderung. Ohne eine entsprechende Rechnung kann die Forderung demnach nicht durchgesetzt werden. Zugleich wird dadurch auch der Beginn der Verjährungsfrist beeinflusst.
Die Neuregelung entspricht den Fälligkeitsregelungen der Gebührenordnungen für Ärzte (GOÄ) und Zahnärzte (GOZ).
7 Abs. 4 GOT schreibt zudem vor, welche Bestandteile eine Rechnung mindestens enthalten muss:
-
das Datum der Erbringung der Leistung,
-
die Tierart, für die die Leistung erbracht worden ist,
-
die Diagnose oder den Grund der Konsultation der Tierärztin oder des Tierarztes,
-
die berechnete Leistung mit Angabe der laufenden Nummer in der ersten Spalte des Gebührenverzeichnisses,
-
den Rechnungsbetrag,
-
die Umsatzsteuer.
Im Übrigen sind Entschädigungen, Auslagen, Entgelte für Arzneimittel und für verbrauchtes sowie abgegebenes Material nach § 7 Abs. 2 GOT auch weiterhin gesondert auszuweisen.
Nur wenn die Rechnung mindestens die genannten Bestandteile aufweist, wird die Forderung fällig, d.h. der Zahlungsanspruch gegenüber dem Tierhalter/der Tierhalterin wird durchsetzbar.
Die Angabe des Konsultationsgrundes soll für Transparenz sorgen. Für die Patientenbesitzer:innen soll aus der Rechnung hervorgehen, weshalb tierärztliche Hilfe in Anspruch genommen wurde. Das wird aber nur dann relevant, wenn eine Diagnose nicht möglich ist.
In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu:
„Ferner wird der Grund der Inanspruchnahme tierärztlicher Hilfe ohnehin inzwischen in der Regel elektronisch aufgenommen, so dass die spätere Verknüpfung dieser Information mit der Rechnung ohne weiteres möglich ist.“
Im Hinblick auf die geforderte Angabe der laufenden Nummer des Gebührenverzeichnisses dürfte bei Nutzung tierärztlicher Praxissoftware voraussichtliche eine entsprechende Anpassung des Rechnungslayouts durch die Softwarehäuser erforderlich sein.
Wegegeld, Reiseentschädigung, § 10 GOT
Die Regelungen zu Wegegeld und Reiseentschädigung (bisher § 9 GOT) sind weitestgehend unverändert übernommen worden.
Lediglich im neuen Abs. 4 wird klargestellt, dass auch ein Absehen von der Geltendmachung des Wegegeldes möglich ist. Voraussetzung ist hierfür jedoch eine Vereinbarung in Textform wie bei abweichenden Gebührensätzen (§ 5 GOT, s.o.). Das heißt auch hier ist eine elektronische Vereinbarung, Zeichnung und Übermittlung vor Leistungserbringung möglich.
Wegegeld, Reiseentschädigung, § 10 GOT
Die Regelungen zu Wegegeld und Reiseentschädigung (bisher § 9 GOT) sind weitestgehend unverändert übernommen worden.
Lediglich im neuen Abs. 4 wird klargestellt, dass auch ein Absehen von der Geltendmachung des Wegegeldes möglich ist. Voraussetzung ist hierfür jedoch eine Vereinbarung in Textform wie bei abweichenden Gebührensätzen (§ 5 GOT, s.o.). Das heißt auch hier ist eine elektronische Vereinbarung, Zeichnung und Übermittlung vor Leistungserbringung möglich.
Inkrafttreten, § 12 GOT
Die neue GOT tritt am 22.11.2022 in Kraft. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde hier eine dreimonatige Frist gewährt, „um Einrichtungen, die tierärztliche Leistungen erbringen, die Umstellung auf das neue Leistungssystem zu ermöglichen“.
Das Gebührenverzeichnis für tierärztliche Leistungen (Anlage zu den §§ 1 und 2)
Das neue, überarbeitete Gebührenverzeichnis umfasst insgesamt 1.006 Gebührentatbestände und ist in drei Teile mit jeweils weiteren Abschnitten unterteilt:
-
Teil A Grundleistungen (Nrn. 1 – 86)
-
Teil B Besondere Leistungen (Nrn. 87 – 280)
Bescheinigungen und Gutachten
Sonstige Untersuchungen
Sonstige Laboratoriumsdiagnostik in der tierärztlichen Praxis, nur für
einzelne Tiere, einschließlich der Auswertung der Befunde
Sonstige Physikalische Diagnostik und Therapie
Sonstige Behandlungen und Verrichtungen
Bestandsbetreuung
Schutzimpfungen und Heilbehandlung bei Geflügel
-
Teil C Organsysteme (Nrn. 281 – 1006)
Anästhesie und Intensivmedizin
Andrologie
Dermatologie
Gastroenterologie, Hernien, Bauchorgane
Gynäkologie und Geburtshilfe
Hämatologie
Herz, Kreislauf, Gefäße
Hals-Nasen-Ohren (HNO), Schilddrüse
Milchdrüse
Neurologie
Ophthalmologie
Orthopädie
Pneumologie
Stomatologie
Urologie
Der Leistungskatalog wurde in mehrjähriger Tätigkeit durch die Bundestierärztekammer erarbeitet. Es wurden sowohl neue Gebührentatbestände eingeführt als auch bestehende der Höhe nach geändert. Die Höhe der Gebühren wurde sodann im Rahmen des o.g. Forschungsprojekts ermittelt.

Tanja Cramer-Schmidt
Legal Counsel