Abrechnung

Herausforderungen bei der Privat- und Selbstzahler-Abrechnung in der Katarakt-Chirurgie – Teil 2

Bei privat und gesetzlich Versicherten unterscheiden sich die Abrechnungsspielregeln und –prozesse bei kataraktchirurgischen Leistungen erheblich. In Teil I haben wir Ihnen bereits einen Überblick über den aktuellen Stand der Privatabrechnung gegeben. Mit Teil II fassen wir die wichtigsten Informationen zur Selbzahler-Abrechnung der Kataraktbehandlung zusammen

29. Juni 2023

Teil II: Selbstzahler-Abrechnung

Bei gesetzlich Versicherten läuft die Abrechnung vollkommen unkompliziert, solang ausschließlich GKV-Leistungen erbracht werden. Es wird also die konventionelle Operationsmethode mit manueller Kapsulotomie und Phakoemulsifikation angewendet und eine Monofokallinse implantiert.

Wünscht der Patient aber im Rahmen seiner vertragsärztlichen Behandlung den Einsatz besonderer OP-Verfahren oder Premium-IOL, die nicht zum GKV-Leistungskatalog gehören, müssen die Praxis einige Besonderheiten berücksichtigen.

Wirtschaftliche Informationspflicht

Ist arztseitig bekannt, dass die Krankenversicherung die Behandlungskosten nicht (vollständig) übernimmt, müssen gesetzlich Versicherte vor Behandlungsbeginn über die voraussichtlichen Kosten in Textform aufgeklärt werden (§ 630c Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch, § 18 Abs. 8 Nr. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 12 Abs. 4 Musterberufsordnung-Ärzte).

BFS informiert

Vertragsärztinnen und Vertragsärzte wissen – anders als die gesetzlich Versicherten – genau, welche Leistungen die GKV trägt und welche nicht. Privat Versicherte kennen ihren Versicherungsschutz hingegen besser als der Arzt, sodass die wirtschaftliche Aufklärung hier grundsätzlich nicht so relevant ist wie bei gesetzlich Versicherten (Ausnahmen: Insbesondere bei der Anwendung alternativer bzw. nicht anerkannter Heilmethoden).

Verletzt ein Arzt seine wirtschaftliche Aufklärungspflicht bzw. fehlt eine schriftliche Wunschleistungsvereinbarung bei gesetzlich Versicherten ist die ärztliche Vergütung ist gefährdet, weil die Patienten einen Schadensersatzanspruch geltend machen können.

Für die schriftlichen Vereinbarungen über Selbstzahler-/Wunsch- oder Individuelle Gesundheitsleistungen (Synonyme) gibt es keine fixen keine Formvorschriften, folgende Inhalte müssen aber stets enthalten sein:

  • Arzt- und patientenseitige Personendaten

  • Benennung der konkreten Wunschleistung(en)

  • Voraussichtliche Höhe der Behandlungskosten

  • Inrechnungstellung der Gebühren gemäß GOÄ 

  • Klarstellung, dass die Leistungen nicht zum GKV-Katalog gehören und vom Patienten persönlich getragen werden müssen.  

  • Unterschriften

BFS informiert

Es empfiehlt sich, die Wunschleistungen in der der Selbstzahlervereinbarung sowie in der späteren GOÄ-Rechnung abzubilden, d.h. mit Bezeichnung, GOÄ-Nr. Faktor, Eurobetrag, Sachkosten und ggf. Umsatzsteuer.

Abrechnung des Femtosekundenlasers

Aktuell gibt es keine Gewissheit wie der Einsatz des Femtosekundenlasers bei GKV-Patienten korrekt als Wunschleistung nach GOÄ in Rechnung zu stellen ist. BFS ist der Auffassung, dass die Abrechnung mit der Nr. 5855 GOÄ analog am nächstliegenden ist.
Abrechnungsbeispiel:

GOÄ Nr.

Leistungstext (ggf. gekürzt)

Faktor 1,0

Faktor 1,8

Faktor 2,5

5855 analog

Intraoperative Strahlenbehandlung analog „Cataractchirurgie mittels Femto-Laser“

402,18 €

723,92 €

1.005,45 €

Dies vor dem Hintergrund, dass die Rechtsprechung des BGH (wonach die PKV-Abrechnung der Nr. 5855 GOÄ analog bei Katarakten grundsätzlich ausgeschlossen ist, s. in Teil I des Beitrags) in dieser Abrechnungskonstellation nicht einschlägig ist, da das Zielleistungsprinzip der GOÄ in Verbindung mit vertragsärztlichen Leistungen nicht greift.  

Daneben wird der Femtosekundenlasereinsatz bei Selbstzahlern aber auch alternativ mit den Nr. 1375, 445, 441 GOÄ abgerechnet. Das ist jedoch wegen des Doppelabrechnungsverbots fragwürdig, da die operativen Leistungen mit diesen GOÄ-Ziffern neben der regulären GKV-Abrechnung im Ergebnis zweimal in Rechnung gestellt werden.  

Auch wird vereinzelt vertreten, dass die Kataraktbehandlung bei Einsatz des Femtosekundenlasers gänzlich in privat in Rechnung zu stellen sei. Unabhängig davon, dass eine rechtliche Grundlage hierfür nicht nachvollziehbar ist, würde dies voraussetzen, dass nicht über die GKV abgerechnet werden dürfte, sondern auf Wunsch des Patienten ein Kostenerstattungsverfahren (§ 13 SGB V) durchgeführt werden müsste.

Abrechnung von Premium-IOL

Zum Leistungsumfang der GKV gehören bei Katarakteingriffen monofokale Intraokularlinsen (IOL). Nur ausnahmsweise gilt dies auch für spezielle Premium-IOL, sofern deren Einsatz medizinisch indiziert ist (dies muss ärztlicherseits medizinisch begründet und von der zuständigen Krankenkasse genehmigt werden).

Im Übrigen müssen die GKV-Versicherten für die Mehrkosten von medizinisch nicht indizierten Premium-IOL selbst aufkommen.

§ 33 Abs. 1, 9 Sozialgesetzbuch V 

(1) […] Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. […] 

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Konkret bedeutet das, dass in der GOÄ-Rechnung die KV-spezifische Sachkostenpauschale bzw. die mit der Krankenkasse abgerechneten Sachkosten von den Kosten der Premium-IOL abzuziehen sind.

In der Vergangenheit wurde vereinzelt vertreten, dass der Katarakt-Eingriff gänzlich zur Privatleistung würde, sofern eine Premium-IOL verwendet wird. Durch eine einschlägige Regelung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) wurde zum 01.04.2023 klargestellt, dass auch bei der Implantation von Wunsch-Premium-IOL eine reguläre EBM-Abrechnung erfolgt und in der GKV-Abrechnung mit einem „I“ zu kennzeichnen sind.

Nr. 18 der Präambel 2.1 des Anhangs 2 des EBM 

Bei intraocularen Eingriffen, deren Kategorie mit einem „A“ gekennzeichnet ist und für die keine medizinische Indikation für die Implantation einer Sonderform der Intraocularlinse vorliegt, sind auch dann die Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 31.2 oder 36.2 berechnungsfähig, wenn die Implantation über das Maß des Notwendigen hinausgeht, weil Patienten gemäß § 33 Abs. 9 SGB V eine Sonderform der Intraocularlinse wählen. Die Eingriffe werden mit einem „I“ gekennzeichnet. Mehrkosten für ärztliche Leistungen und Sachmittel in Zusammenhang mit diesen Eingriffen sind durch den Versicherten selbst zu tragen.

Zu weniger Klarheit als Verwirrung hat aber die Mehrkostenregelung aus dem letzten Satz dieser EBM-Vorschrift geführt. Diese sagt lediglich, dass Mehrkosten im Zusammenhang mit Premium-IOL vom Versicherten selbst zu tragen sind. Aufgrund des der GKV zugrundeliegenden Sachleistungsprinzips können damit tatsächlich nur die über den GKV-Leistungsumfang hinausgehenden Mehrleistungen gemeint sein (bspw. IOL-spezifische prä-/postoperative Untersuchungen).  

Es wird hier aber vertreten, dass die Mehrkostenregelung so zu verstehen sei, dass die Summe aller über die GKV abgerechneten Kataraktleistungen (bspw. Grundpauschale, OP-Komplexe) in der GOÄ-Rechnung in Abzug zu bringen seien. Unabhängig von systematischen Bedenken an dieser Auslegung ist unklar,  

  • welche GKV-Leistungen konkret abzuziehen wären, 

  • wie mit der ggf. abweichenden Auszahlung von budgetierten Leistungen der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung umzugehen ist,  

  • wie abzurechnen ist, wenn im Rahmen derselben Behandlung Premium-IOL und der Femtosekundenlaser angewendet werden. 

Eine abschließende Klärung, wie in der Praxis mit der Mehrkostenregelung im Detail umzugehen ist, steht daher aktuell noch aus.

Dieser Artikel ist von

Meike Schmucker

LL.M. Medizinrecht
Consultant Arztmarkt, Redakteurin

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