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Zahnersatz-HKP auch ohne Unterschrift des Patienten gültig

Wird ein HKP für eine Versorgung mit Zahnersatz vom Patienten nicht unterzeichnet, so ist dieser trotzdem gültig und die entsprechenden Kosten sind vom Patienten zu tragen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Urteil entschieden. Geklagt hatte eine Zahnärztin, die ihren Patienten mit implantatgetragenem Zahnersatz versorgt hat. Der entsprechende Heil- und Kostenplan wurde von der gesetzlichen Krankenkasse genehmigt; eine Unterschrift des Patienten erfolgte nicht. Nach Abschluss der Behandlung stellte die Zahnärztin die Kosten in Rechnung, die jedoch von dem Patienten nicht beglichen wurde. Der BGH gab der behandelnden Zahnärztin Recht und hob das Urteil der Vorinstanz auf. Zur Begründung wurde insbesondere darauf verwiesen, dass der Patient auch ohne eine Unterschrift auf dem HKP verpflichtet sei, die Kosten der Behandlung zu tragen. Ein Schriftformerfordernis ergebe sich weder aus der GOZ, noch aus dem SGB V oder dem BMV-Z.

02. August 2024

Keine Verlangensleistung nach § 2 GOZ

Zunächst führte der BGH aus, dass § 2 Abs. 3 GOZ eine schriftliche Vereinbarung für den Fall einer das Maß des medizinisch Notwendigen übersteigenden Versorgung voraussetze. Die medizinische Notwendigkeit einer ZE-Versorgung sei aber nicht davon abhängig, ob es sich um eine Regel- oder um eine gleich- bzw. andersartige Versorgung handelt. Sofern die Behandlung grundsätzlich geboten ist, steht der medizinischen Notwendigkeit nicht entgegen, dass die gewählte Versorgung nicht die wirtschaftlich günstigste ist.
Im vorliegenden Fall erhielt der Patient implantatgestützte Totalprothesen im (zahnlosen) Ober- und Unterkiefer und demnach eine andersartige Versorgung. Allein dadurch, dass die Leistung nicht zur Regelversorgung gehörte, ist aber nicht von einer Verlangensleistung auszugehen.

Kein Schriftformerfordernis aus dem SGB V

Ein Schriftformerfordernis ergibt sich nach Auffassung des BGH auch nicht aus den Regelungen des SGB V. Im Gegensatz zu der Vereinbarung von Mehrkosten bei der Versorgung mit Füllungen (§ 28 Abs. 2 SGB V) besteht für den Bereich der Versorgung mit Zahnersatz (§§ 55 ff. SGB V) kein gesetzliches Schriftformerfordernis, da die zu erwartenden Kosten aus dem zwingend vor der Behandlung zu erstellenden und von der Krankenkasse zu prüfenden HKP ersichtlich sind. 

Nach Auffassung des BGH umfasst die Prüfung bei der Krankenkasse auch die Teile des Behandlungsplans, die privat zu vereinbarende und nach der GOZ abzurechnende zusätzliche oder andersartige Leistungen vorsehen. Nur bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse den jeweiligen Festzuschuss.

Kein Schriftformerfordernis aus § 8 Abs. 7 BMV-Z

Ein Schriftformerfordernis ergibt sich nach Auffassung des BGH insbesondere auch nicht aus der Regelung des § 8 Abs. 7 BMV-Z, die die Grundlage für die Privatvereinbarung darstellt. § 8 Abs. 7 BMV-Z enthalte kein Schriftformerfordernis für den Fall, dass der Versicherte sich für eine gleichartige oder andersartige Versorgung entscheidet.

Zur Begründung verwies der BGH auf den Wortlaut der Regelung des § 8 Abs. 7 BMV-Z: Dieser verweist für Zahnfüllungen auf § 28 Abs. 2 SBG V und für Zahnersatz auf § 55 SGB V und damit auch auf § 87 Abs. 1a SGB V. Ein Schriftformerfordernis stellt § 8 Abs. 7 Satz 3 BMV-Z nur für den Fall auf, dass der Patient seine GKV-Karte nicht vorlegt oder ausdrücklich verlangt, ohne Beteiligung der GKV behandelt zu werden.

Auswirkungen auf die Praxis

Auch wenn die Entscheidung des BGH aus zahnärztlicher Sicht erfreulich ist: die Anforderungen an eine ordnungsgemäße wirtschaftliche Aufklärung bleiben. Denn § 630 c BGB setzt voraus, dass der Patient „in Textform“ über die erwarteten Kosten aufzuklären ist, wenn die Versorgung vom Kostenerstatter nicht (vollumfassend) getragen wird. Ausreichend ist hierfür aber die Erstellung des HKP und die Übergabe der Patienteninformation an sich.

Denn es sollte berücksichtigt werden, dass der vom BGH zu entscheidende Fall noch vor Einführung des eHKP spielte. Nach den neuen Regelungen dürfte davon auszugehen sein, dass nunmehr die Patienteninformationen nach den Formularen 3c und 3d nicht unterzeichnet werden müssen.

Trotz der Entscheidung des BGH ist zu empfehlen, die Patienten auch die Formulare 3c (Patienteninformation Regelversorgung) und 3d (Patienteninformation gleich- und andersartige Versorgung) unterschreiben zu lassen. Diese müssen den Patienten ohnehin ausgehändigt werden und eine Unterschrift kann eventuellen Auseinandersetzungen im Nachhinein vorbeugen.

Zu beachten ist außerdem, dass sich die Entscheidung des BGH ausdrücklich nur auf die Versorgung mit Zahnersatz bezog. Sofern andere Leistungen erbracht werden, die nicht von der GKV bezahlt werden, ist eine unterschriebene Privatvereinbarung daher weiter erforderlich. Dies betrifft auch zusätzliche private Leistungen, die nicht auf den Patienteninformationen aufgeführt sind. Sollte der Patient im Rahmen der Zahnersatzversorgung einen zusätzlichen privaten Kostenvoranschlag erhalten, ist hierfür auch weiterhin eine Unterschrift sowie eine schriftliche Privatvereinbarung gem. § 8 Abs. 7 BMV-Z erforderlich.

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