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Update: Das Ausfallhonorar in der (zahn-)ärztlichen Praxis
01. Februar 2023
Immer wieder kommt es vor, dass Patient:innen Behandlungstermine kurzfristig absagen oder einfach nicht zum vereinbarten Termin erscheinen. Ein großes Ärgernis für viele Praxen, die in diesen Fällen ein Ausfallhonorar in Rechnung stellen möchten. Die Herausforderung dabei ist, dass es für die Abrechnung von Ausfallhonoraren keine konkreten gesetzlichen Regelungen oder klarstellende höchstrichterliche Entscheidungen gibt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner jüngsten Entscheidung aus dem Jahr 2022 (Urt. v. 12.05.2022, Az.: III ZR 78/21) die Zulässigkeit von Ausfallhonoraren zwar grundsätzlich bestätigt, eindeutige „Spielregeln“ für die Umsetzung oder Berechnung jedoch nicht formuliert.
Ein Fall aus der Ergotherapie
Dem Urteil lag ein Fall zugrunde, in dem eine Mutter die Behandlungstermine zur Ergotherapie für ihre beiden Kinder kurzfristig absagen musste, weil eines der Kinder erkrankt war.
Bei Beginn der Behandlung (die auf mehrere Termine ausgelegt war) hatte die Mutter ein Anmeldeformular unterzeichnet, das unter anderem den Hinweis auf eine Ausfallpauschale von 25,00 € enthielt, die bei nicht rechtzeitiger Terminabsage (mindestens 24 Stunden vorher) privat in Rechnung gestellt würde.
Die Besonderheit war in diesem Fall der Zeitpunkt der Terminabsage (März 2020), zu dem die Coronavirus-Schutzverordnung des Landes NRW und allgemeine Hygiene- und Infektionsschutzregeln galten. Danach waren therapeutische Berufsausübungen (u.a. Ergotherapie) nur bei Vorlage eines ärztlichen Attests und unter Durchführung strenger Schutzmaßnahmen zulässig. Personen mit Erkältungssymptomen mussten den Heilmittelpraxen bis zur Abklärung fernbleiben.
BGH: Anspruch auf Ausfallhonorar besteht grundsätzlich, aber…
Der BGH hat zwar daraufhin gewiesen, dass es sich bei den hier vergebenen Terminen zur Ergotherapie um Exklusivtermine gehandelt habe, die kurzfristig nicht anderweitig hätten vergeben werden können. Es lässt sich der Entscheidung also entnehmen, dass die Geltendmachung einer Ausfallpauschale für kurzfristig abgesagte Termine, unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen, zulässig sein kann (dies unabhängig davon, ob es sich um gesetzlich oder privat Versicherte handelt). Insbesondere muss es sich dem BGH zufolge um fest vergebene Termine handeln in dessen Zeitfenstern keine anderen Patient:innen behandelt werden können.
Letztlich hat der BGH den Anspruch der Ergotherapeutin auf Zahlung eines Ausfallhonorars aber abgelehnt, weil eine ergotherapeutische Behandlung wegen der Krankheitssymptome des Kindes und dem daraus folgenden, coronabedingtem Behandlungsverbot nicht zulässig war. Die Ergotherapeutin war also gar nicht imstande, die Behandlung anzubieten und daran scheiterte die Durchsetzung des Ausfallhonorars.
Fazit
Die Entscheidung des BGH ist aus Sicht der Behandelnden durchaus erfreulich, da sie den Anspruch auf Geltendmachung eines Ausfallhonorars – auch gegenüber GKV-Versicherten – im Grundsatz bestätigt. Zudem wurde eine 24-stündige Absagefrist als angemessen erachtet.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich der BGH vorliegend weder zur Höhe des Ausfallhonorars noch zur Wirksamkeit, der im konkreten Fall getroffenen schriftlichen Vereinbarung geäußert hat.
Bei der Geltendmachung eines Ausfallhonorars gelten daher nach wie vor folgende “Spielregeln”:
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Es wurde ein fixer Termin mit der Patientin oder dem Patienten vereinbart und dieser wurde ausschließlich für die Patient:in oder den Patienten freigehalten (“Exklusivtermin”).
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Es wird eine schriftliche Vereinbarung über einen möglichen Ausfall oder Absage des Termins getroffen, in der die Modalitäten der Absage festgehalten sind (bspw. Absage mind. 24 h vorher).
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Es darf in der freigehaltenen Zeit keine Kompensation durch eine andere Behandlung erfolgen, wenn die Patientin oder der Patient tatsächlich nicht erscheint.
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Zur Höhe der Ausfallgebühr gibt es keine einheitlichen Vorgaben; idealerweise ist die Schadenshöhe objektiv nachvollziehbar (bspw. Durchschnittshonorar für die vereinbarte Behandlung).
Formulierungsvorschlag
Die Vereinbarung eines Ausfallhonorars könnte beispielweise wie folgt lauten:
“Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,
Sie wurden darauf hingewiesen, dass am __________ ein Behandlungstermin von __________ Uhr bis ca. __________ Uhr vereinbart wurde.
Dieser Termin wird verbindlich vereinbart und extra für Sie freigehalten. Hierdurch bleiben Ihnen die in der Regel andernorts vielfach üblichen Wartezeiten erspart.
Aus organisatorischen Gründen hat im Falle jeder Verhinderung rechtzeitig – d. h. spätestens 24 Stunden vorher – eine Absage zu erfolgen.
Erfolgt keine rechtzeitige Absage, müssen wir Ihnen leider einen Betrag in Höhe von _______ Euro pro ausgefallener Behandlungsstunde in Rechnung stellen. Dies entspricht dem durchschnittlichen Kostenfaktor für eine Praxisstunde in unserer Praxis. Es steht Ihnen frei, nachzuweisen, dass kein oder ein geringerer als der geltend gemachte pauschalierte Schaden entstanden ist.
Die Ersatzpflicht entsteht nicht, wenn Sie den Termin unverschuldet nicht wahrnehmen oder rechtzeitig absagen.
Hinweis: Die Krankenkassen erstatten die Kosten des Ausfallhonorars i. d. R. nicht.
Sie erklären sich mit dieser Vorgehensweise ausdrücklich einverstanden.”
Da jedoch auch weiterhin keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Ausgestaltung der Vereinbarung existiert, kann nicht beurteilt werden, ob der Vorschlag einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würde.

Tanja Cramer-Schmidt
Legal Counsel